Notizen einer Landratte, 48.

Heute erläutert unser Kolumnist Maik Brandenburg die an sich unsinnigen Zusammenhänge zwischen dem Meeresspiegelanstieg und dem POTUS sowie zwischen der Erderwärmung und der Bademodekollektion der FLOTUS

Ein Ballsaal, Kronleuchter, samtige Teppiche, ein Orchester spielt Beethovens Neunte. Ergriffen lauscht das Publikum. Es sind die einflussreichsten Politikerinnen und Politiker der Welt. Sie sind hier, um IHN zu ehren. Und da schreitet auch schon der Vorsitzende des Komitees auf IHN zu, in den Händen eine goldene Medaille. „So ehren wir hiermit den größten Friedensstifter aller Zeiten.“ Applaus, Hochrufe.

Schweißgebadet erwacht Donald Trump. Was für ein Alptraum! Vielleicht hätte er die sieben Burritos gestern Abend im „El Zapata“ nicht essen sollen. Aber das kommt dabei heraus, wenn man den Mexikanern entgegenkommen muss, weil der Schwiegersohn dort Urlaub machen will. Gut, dass er Ivanka seinerzeit überreden konnte, die Kündigungsklausel in den Ehevertrag einzubauen. Der Mann darf sich als gefeuert betrachten.

Friedensnobelpreis, so eine Schmach. Er ist immer noch Donald Trump, President Evil, der Große Dekretor! Warum feiert man ihn nicht für die wirklich historischen Taten? Er hat dafür gesorgt, dass auch über Männer Blondinenwitze gemacht werden, er hat die sexuelle Belästigung hoffähig gemacht, und er hat dem Wort D-Day den Schrecken genommen – ist denn nicht jeder Tag ein Donald-Tag, seit er regiert? You bet.

Trump schüttelt sich. Gott sei Dank nur ein Traum. Trotzdem, er muss jetzt sofort irgendwen brüskieren, sonst platzt er. Sein Blick fällt auf die Ergebnisse des letzten Klimagipfels. Der Post-it-Zettel wird wohl gestern Abend am Jackettärmel kleben geblieben sein. Wovon war die Rede? Megastürme, Anstieg des Meeresspiegels, Erderwärmung. Erderwärmung, pah! Wieder so ein Schlag in seine Gesichter. Angeblich sei die Welt kälter geworden, seit er an der Macht ist. Dank? Kannst du lange drauf warten.

Alles Sitzpinkler, demokratische, sagt Trump laut – und erschrickt: Das ist doch nicht sein zerknautschtes Antlitz dort im Spiegel! Chinesische Billigware wahrscheinlich, da ist ein Embargo fällig. Aber das wird er erst am Nachmittag aussprechen. Jetzt macht er sein Zehn-Punkte-Programm zum Schutz der Meere. Hat die Merkel selbst drum gebeten, soll sie kriegen, und wie! Er hat ein wenig Angst vor ihr, aber auch dafür wird sie eines Tages bezahlen. In gebrauchten, nicht durchgehend nummerierten Mauerstückchen, haha.

Apropos Mauer. Donald Trump notiert: „Punkt 1: Eine Mauer aus Beton, genannt ‚Atlantikwall‘, wird die Hurrikane abblocken. Zusätzlich werden Flugzeugträger der US Navy in Stellung gebracht.“ Aber hallo, es ist längst nicht raus, wer hier den größeren Wind macht, Gott oder er! Trump lächelt. Er ist bereits in voller Angriffsposition, dabei steckt er noch immer im Schlafanzug mit den verspielten Nato-Draht-Applikationen und hat noch keinen einzigen Demokraten gesehen.

Woher kommen eigentlich die ganzen Wirbelstürme? Aus dem Golf von Mexiko? Er schreibt: „Punkt 2: Mexiko zahlt für sämtliche in den USA entstandenen Hurrikanschäden. Außerdem wird der Golf umbenannt in ‚America-First-Ocean‘.“ Läuft.

„Punkt 3: Der Pazifik wird leer gepumpt.“ Erhöhter Meeresspiegel am Arsch. Außerdem keine Tsunamis, keine Ölseen, und Kim Jong-UNO hat auch nichts mehr, wo er seine Raketen versenken kann. Politik kann so einfach sein. Klar gibt das ein Heulen und Toben aus Kalifornien. Aber dort wählt ihn ja sowieso niemand. Und aus Fischern werden eben Rinderzüchter. „Amerika, das sind Cowboys, keine Angler“, ruft Trump in den Spiegel, der jetzt einen besseren Job tut. Na also, man muss nur drohen.

Der Präsident sieht auf die Uhr. Sein Caddy hat bestimmt schon den Golfkurs im Oval Office aufgebaut. „Punkt 4“ schafft er aber noch. „Der Erderwärmung wird mit einer von allen bezahlbaren Strandkollektion begegnet.“ Melania hat da bereits eine tolle Linie entworfen, mit ihrer neuen Firma kann sie sieben Looks auf einmal raushauen.

Trump nickt zufrieden. Das sollte der Merkel den Wodka verekeln oder was die in Ostrussland zum Frühstück trinken. Die Punkte fünf bis zehn werden getwittert oder geleugnet, egal. Jedenfalls gleich, nachdem er den Frackingvertrag für die Antarktis unterzeichnet hat. Mit wem noch mal? Genau, mit den Saudis. Sieht so aus, als würde es doch noch ein guter Tag.

 

mare No. 126

No. 126Februar / März 2018

Von Maik Brandenburg

Maik Brandenburg, Jahrgang 1962, studierte Journalistik und arbeitet als freier Autor, u.a. für mare, Geo, Merian. Leidenschaftlicher Vater und Reportage-Fan. Er lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

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