Ein Lied von Gottes Gnaden

Als Dank für die Errettung aus Seenot schreibt ein englischer Sklavenhändler im 18. Jahrhundert ein Kirchenlied, das heute vor allem ­außerhalb von Gotteshäusern in aller Welt gesungen wird

Dass ausgerechnet dieses Lied zur Hymne der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der Black Community wurde, zum berühmtesten Kirchenlied überhaupt, gesungen von Aretha Franklin bis hin zu Barack Obama, ist schon bemerkenswert. 

Denn geschrieben wurde es von einem ehemaligen Sklavenhändler. Einem Mann, der glaubte, Gott habe den Europäern das Recht gegeben, Afrikaner zu versklaven. Weil es so in der Bibel steht. Dessen Wandlung vom Ausbeuter zum Zweifler Jahrzehnte dauerte. Und der dann – wieder im Namen Gottes – zum Kämpfer für die gerechte Sache wurde, für die Abschaffung der Sklaverei.

John Henry Newton Jr. kommt im Juli 1725 in einem Londoner Vorort zur Welt. Der Vater ist Handelskapitän, manche Fahrten dauern zwei Jahre, auf die kürzeren nimmt er den Sohn mit, bis der mit 18 in die Royal Navy muss. John benimmt sich rüpelhaft, man will ihn loswerden, es kommt zu einem Tausch: Ein Seemann eines vorbeifahrenden Schiffs wird an Bord geholt, John nimmt dessen Posten als Steward ein – auf einem Sklavenschiff. Er verlässt den Kahn bald, verbringt viel Zeit in Sierra Leone, arbeitet für einen Menschenhändler, baut auf einer Insel vor der Küste ein Lager für die Verschleppten auf, arbeitet für andere Sklavenhändler. 

Das Geschäft floriert, die Kolonien in Amerika brauchen Menschenmaterial, im Landesinnern werden die Dörfer verwüstet, die Bewohner verschleppt. John Newton führt, so schreibt er später, in Wesafrika ein „sündhaftes Leben“. Wieder gerät er in Schwierigkeiten, pöbelt, wird krank, Malaria wahrscheinlich, die Frau seines Vorgesetzten behandelt ihn schlecht, John leidet. 
Und dann geschieht das, was einem Erweckungserlebnis gleichkommt: ein grauenerregender Sturm auf See, Newtons Wache endet, ein anderer Mann nimmt seinen Platz ein und wird sogleich von Bord gefegt. Newton, der bislang nur Spott für Religiöses übrighatte, sieht in seinem Glück ein Zeichen Gottes, es ist seine Stunde eins in Sachen Gläubigkeit. 

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mare No. 168

mare No. 168Februar / März 2025

Von Zora del Buono

mare-Kulturredakteurin Zora del Buono, Jahrgang 1962, hat schon auf mancher Beerdigung „Amazing Grace“ gesungen, ohne die Geschichte zu kennen.

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