Die Gräte macht den Unterschied. Dabei könnten die beiden dunkelroten Dreiecke durchaus von verschiedenen Rinderrassen stammen. Aber in der Ecke eines Fleischstücks sitzt ein Lendenknochen, beim anderen ein rundes Segment aus der Wirbelsäule eines Fischs.
Josh Niland weiß: Er ist dabei, Außergewöhnliches zu zelebrieren. Der Koch legt nicht nur die 60 Tage gereifte dicke Scheibe Rumpsteak eines Weiderinds auf den glühend heißen Grillrost. Nebenan nimmt ein 15 Tage gereifter Gelbflossenthun an der Gräte auf der Glut ebenso fix fast dieselbe Farbe an. Aufgeschnitten mit krosser Kruste, lassen sich Rindfleisch und Fisch kaum unterscheiden – die australisch-asiatische Variante von surf and turf.
Solch ein Fisch-Fleisch-Duo als Fine-Dining-Kreation serviert bislang niemand auf der Welt. Josh Niland will seinen Gästen auftafeln, „was sie niemals zuvor auf einem Teller hatten“. Vor allem Fisch, wie sie ihn noch nie genossen haben. Man kann getrost das Fischbesteck weglassen und ein Steakmesser nehmen. Wie es sich für ein Restaurant im Steakhouse-Stil gehört, gibt es dazu Barbecuesauce, Meerrettichcreme, geräucherte Gremolata und knallig scharfe Harissa.
Zum Battle um den besten Geschmack lädt Niland in sein neues Restaurant „FYSH“ nach Singapur ein, in eine „kulinarische Stadt wie kaum eine andere“, wie er sagt. Für den Australier ist es ein Aufbruch zu neuen Ufern, er behält aber seinen sicheren Hafen als Chef im Restaurant „Saint Peter“ in Sydney. Mit dem ist er bekannt geworden.
Der 36-Jährige ist so etwas wie ein Vordenker der Szene. Er nutzt besondere Schnitte und Techniken, um den gleichen Fisch von Kopf bis Schwanz anders schmecken zu lassen. Viele der Cuts kennt man bislang nur vom Rind, Schwein oder Huhn. Wohl auch deshalb nennen sich innovative Fischläden, angelehnt an die traditionelle Fleischtheke, „Fish Butchery“, Fischmetzgerei. Es ist daher nicht überraschend, dass Nilands neuestes Buch genauso heißt, auch weil er selbst eine „Fish Butchery“ betreibt. „Kein Fleischer würde lediglich die Schweinefilets herausschneiden und den Rest als Abfall wegwerfen“, sagt er.
Es sind völlig neue Anblicke, die der Australier offeriert. Ein acht Tage lang bei Minimaltemperaturen von höchstens zwei Grad Celsius trocken gereifter Schwertfisch sieht aufgeschnitten wie ein Rinder-Rib-Eye aus – schon roh eine Augenweide. Es ist mehr als eine optische Spielerei, wenn er bei Koteletts die Bauchlappen wegschneidet und die einzelnen Gräten am Ende hufeisenförmig blank herausschauen. Beim kurzen Grillen bleiben die Stücke herrlich saftig.
Nicht nur beim Fisch mit Stiel oder den Koteletts gilt: Je größer die Exemplare, desto cooler die Ästhetik und tiefer der Geschmack. „Man sollte dafür einen Fisch haben, der mindestens zwei Kilogramm wiegt“, rät Niland, bei kleineren wären die Gräten nicht stabil genug.
Es sind immer noch sehr besondere Lokale wie das „Saint Peter“ oder das „FYSH“, in denen Gäste diese Fisch-Cuts serviert bekommen, den feinen Schnitt mit dem groben Sägemesser. Wie die speziellen Cuts beim Rind zerteilt er den Fisch und bietet den Schwanz ähnlich einem Stielkotelett geschnitten an. Das erinnert an ein Tomahawk-Steak als Kinderportion, mit langem Stiel, der eine einzelne Gräte ist.
Für den Koch ist Fisch auch Kopfsache. Der Kopf sei wie „der Schweinebauch des Fischs, eine herrlich fettige Köstlichkeit“. Gern grillt er ihn im Ganzen oder halbiert auf Holzkohle. „Serviert man den Kopf anschließend zusammen mit dem Filet, gibt man dem Gast die Möglichkeit, die vielen verschiedenen Texturen von Fisch zu entdecken“, erklärt Niland seine Philosophie. Der Kopf habe viel mehr lukullische Möglichkeiten als das von allen so geliebte Filet. Ein Schnitt hinter den Kiemen entlang der Schlüsselbeine ergibt einen sichelförmigen Streifen voller unterschiedlicher Geschmäcker und Texturen. Diese Halsbänder, auch collars genannt, haben ein Menge Bindegewebe, Collagen und Fett. Pompöse Größe erreichen sie bei prächtigen Fischen wie der Gelbschwanzmakrele oder dem Heilbutt.
Rib-Eye-Schwertfisch
Zutaten und Zubereitung (für vier Personen)
Ein mindestens zwei Kilogramm schweres und drei Zentimeter dickes Stück Schwertfisch (möglichst mit Haut), an dem noch ein Segment der Wirbelsäule wie ein Auge hängt. Die Haut kreuzweise einschneiden. Den Fisch mit Sesamöl dünn bestreichen. Auf heißem Grill zuerst über der Flamme eine Minute je Seite rösten, dann über ausgeglühter Kohle noch jeweils zwei Minuten garen. Mit einer Sauce Béarnaise servieren.
FYSH
38 Cuscaden Road, Singapur 249731,
Telefon +65 6329 5000, FYSH.sgedition@editionhotels.com
Lunch täglich von 12 bis 14.30 Uhr, Dinner Montag bis Donnerstag von 18 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag von 18 bis 22.30 Uhr
Oliver Zelt, Jahrgang 1965, arbeitet als Redakteur bei den "Tagesthemen" in Hamburg.
Vita | Oliver Zelt, Jahrgang 1965, arbeitet als Redakteur bei den "Tagesthemen" in Hamburg. |
---|---|
Person | Von Oliver Zelt und Rob Palmer |
Vita | Oliver Zelt, Jahrgang 1965, arbeitet als Redakteur bei den "Tagesthemen" in Hamburg. |
Person | Von Oliver Zelt und Rob Palmer |