Der goldene Grieche

Aristoteles Onassis baute die größte Tankerflotte der Welt auf und wurde zum Milliardär. Zur Legende aber wurde er durch sein mondänes High-Society-Leben. Und durch seine Frauen

Schwere Wolken hingen über dem Meer wie dräuendes Unglück, und später sollten viele sagen, dies sei ein schlechtes Omen gewesen, ein Vorbote für das, was kommen würde. Noch aber ahnte niemand, dass dieser Tag, den Aristoteles Onassis zum Höhepunkt seines Lebens erkoren hatte, auch der Beginn seines Niedergangs war.

Es war der 20. Oktober 1968. Vor der kleinen Kapelle standen mehr Paparazzi als Gäste, denn die Braut war Jackie Kennedy, die Witwe des Präsidenten der USA. Onassis war schon 62, also 23 Jahre älter als sie und eben noch mit einer anderen weiblichen Trophäe liiert: Maria Callas, die weltberühmte Sopranistin.

Die fütterte die Presse mit Sottisen. „Mrs. Kennedy hat gut daran getan, ihren Kindern einen Großvater zu schenken.“ Oder: „Onassis ist so schön wie Krösus.“ Vier Wochen später wurden die Sängerin und der reiche Reeder wieder zusammen gesehen, in Paris im „Maxim’s“, sehr intim. Eine Woche darauf schluckte sie eine Überdosis Tabletten (und ließ sich von ihm retten), weil er sich wieder mit Jackie ablichten ließ – ebenfalls im „Maxim’s“ und sogar am selben Tisch.

Was Onassis’ Affären besonders machte, war, dass alle Welt daran teilhatte. Seinerzeit wusste jeder über ihn Bescheid, etwa dass er die größten Öltanker der Welt über die Meere schickte, dass er auf seiner Luxusyacht „Christina“ Gäste wie Greta Garbo, Liz Taylor oder Fürst Rainier von Monaco empfing, die Bezüge der Barhocker aus der Vorhaut von Walen gefertigt waren und die Wasserhähne aus Gold (mare No. 43). Solche Geschichten waren wie geschaffen für Klatschpostillen, die Onassis den „goldenen Griechen“ nannten – und auch für seriöse Blätter; die „New York Times“ führt 2500 Artikel über ihn.

Den Mythos Onassis mehrte die Tatsache, dass er überall auftauchen konnte, leibhaftig, in einer schlichten Taverne in Piräus oder bei einem Spaziergang durch New York. Und stets ohne Leibwächter. In Griechenland wurde ihm sowieso Verehrung entgegengebracht, weil man ihm Arbeitsplätze verdankte, aber auch wegen Aktionen wie dieser: Als 1956 auf Santorin alle Brunnen durch ein schweres Seebeben verschüttet wurden, ließ er den Pool seiner Yacht „Christina“ mit Trinkwasser füllen und leistete Spontanhilfe. Oder als am 22. Juli 1970 eine Maschine seiner Olympic Airways von Palästinensern gekapert wurde. Da marschierte Onassis über das Rollfeld und bot sein Leben als Pfand gegen das der Passagiere und Besatzungsmitglieder.

Nicht immer aber trugen sich seine  Erlebnisse wirklich so zu. Denn er liebte es, Geschichten auszuschmücken. „Er ist ein geborener Erzähler mit einer lyrischen Ader“, sagte Randolph Churchill, der Sohn Winstons. Darüber, was ihn antrieb, lieferte Onassis eine Erklärung im Gespräch mit Sir Winston selbst: „Meine Mutter starb, als ich sechs war. Wäre sie nicht gestorben, ich hätte vielleicht nicht so hart gearbeitet, wie ich es getan habe.“

Abgesehen vom Verlust der Mutter war es eine behütete Jugend als Sohn eines reichen Kaufmanns in Smyrna, dem heutigen türkischen Izmir, wo Onassis eine britische Schule besuchte. Dann brach das Unglück herein: Bei der Vertreibung durch die Türken nach dem Griechisch-Türkischen Krieg (1919 bis 1922) wurden über 100 000 Griechen und Armenier getötet. Der erst 16-jährige Onassis schaffte es, die Ausreise fast der ganzen Familie nach Athen zu erreichen, bevor er selbst floh. Von Istanbul aus kaufte er seinen Vater aus dem Gefängnis frei. Doch der machte dem Sohn den Vorwurf, er habe zu viel vom Familienvermögen in  die Rettung investiert. Tief gekränkt fuhr Onassis nach Buenos Aires. Dort gab er sein Geburtsjahr mit 1900 an, um arbeiten zu dürfen (tatsächlich ist er 1906 geboren), und bekam einen Job bei der Telefongesellschaft, in der Nachtschicht.

Es waren die 1920er-Jahre. In den Kinos liefen Filme mit Rudolph Valentino, in den Nachtclubs tanzten Frauen in kurzen Kleidern und rauchten Zigaretten – der junge Onassis mittendrin. Schon da zeigte sich ein Muster: Er arbeitete hart, genoss aber auch das Leben. Und er litt an Schlaflosigkeit, wanderte nachts durch die Stadt und schmiedete Pläne. Zunächst importierte er Orienttabak, handelte bald mit Getreide, Tierhäuten, teurem Walöl. Zudem wurde er griechischer Konsul. Mit 26, er selbst sagte 23, hatte er die erste Million gemacht. Doch er wollte mehr: Er träumte davon, Schiffseigner zu werden.

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mare No. 112

No. 112Oktober / November 2015

Von Stella Bettermann

Mit Onassis kam Stella Bettermann, geboren 1963, Halbgriechin und Autorin in München, nie in Berührung, dafür umso mehr mit der Callas. Zu Hause liefen ständig ihre Platten, weil Bettermanns Mutter Callas-Fan und selbst Opernsängerin war.

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