25°04' Süd, 130°06' West - Folge 17

Alle Welt klagt über Bürokratie und stures Beamtentum im öffentlichen Dienst. Pitcairns Postbediensteten Dennis kann man diesen Vorwurf nicht machen. Als er seinen Schalter bei der Ankunft des letzten Frachters längst geschlossen hatte und mit seinem Buggy schon fast unten bei den Booten am „Landing“ war, kam noch Hendrik mit seinen 36 Briefen und 18 Paketen an. „Meine Familie hat einen ganzen Tag und eine Nacht nur geschrieben“, berichtete er im „Miscellany“. Doch „zu spät“ ist Dennis’ Sache nicht. Er fuhr wieder hinauf, öffnete einen der Royal-Mail-Säcke – Pitcairn ist britische Kolonie –, legte Hendriks Sendungen hinein und versiegelte ihn erneut. „Pitcairn Miscellany“ gab jetzt die Postschiffbilanz des letzten Jahres bekannt: Sieben Mal konnten die Insulaner 1998 Post erhalten und abschicken. Außer den alle drei, manchmal nur alle vier Monate kommenden Versorgungsschiffen befördern auch andere Frachter oder Kreuzfahrer Briefe und Pakete.

Endlich steht wieder ein Videogerät in der Schule. Das alte hatte längst seinen Dienst verweigert. Das Gerät ist wichtig für den Fernunterricht der drei High-School-Schüler auf der Insel. Sheils Carnihan, Herausgeber von „Pitcairn Miscellany“ und gleichzeitig der Lehrer, bedankt sich bei den Abonnenten, deren Spenden den Kauf ermöglichten. Das Geld reichte außerdem für einen Teppich samt dazugehörigem Staubsauger.

Hoher Besuch auf der Insel: Der Gouverneur von Pitcairn und seine Frau, Martin und Sue Williams, weilten für drei Tage auf der Insel. Der Gouverneur ist gleichzeitig britischer Hochkommissar in Neuseeland und wohnt deshalb dort. Sie waren über Mangareva angereist, wo sie freundlicherweise eine Fregatte der französischen Marine abholte. Sue Williams, eine bekannte Künstlerin, verbrachte ihre Zeit damit, die Blumen der Insel zu malen. Sie werden demnächst in einer Serie auf Pitcairns Briefmarken verewigt. Übrigens: Pitcairn hat erst kürzlich wieder vier neue Serien aufgelegt, darunter auch vier verschiedene 90-Cent-Marken mit Prinzessin Diana.

Das Versorgungsschiff „America Star“ hatte neben der üblichen Fracht auch noch das Umzugsgut eines kompletten Haushaltes an Bord. Der Grund: Brenda Lupton-Christian, die lange Jahre in Großbritannien gelebt hatte, zieht wieder auf die Insel zurück. Ebenfalls mitgekommen: Ehemann Mike und Sohn Andrew. Am „Landing“ war große Stimmung, als Brenda und Andrew es sich nicht nehmen ließen, noch weit draußen aus dem Boot zu springen und an Land zu schwimmen.

Neun Yachten innerhalb einer Woche ankerten draußen vor der Insel. So besucht war Pitcairns Parkhaus noch nie. Handelte es sich um eine Transpazifik-Regatta? So ähnlich. Die Boote gehörten zu den 50 Yachten der „Jahrtausend-Odyssee“ rund um die Welt. An Bord haben sie die sogenannte Millenniums-Flamme. Sie kommt aus Jerusalem, der Heiligen Stadt dreier Weltreligionen, und wird an 40 Küsten- und Inselstaaten weitergegeben, bevor sie Ostern 2000 in Rom landet. Pitcairns Pastor nahm die Flamme an einem Samstag, dem Sabbat auf der Insel, in einer besonderen Zeremonie in Empfang.

Aufregung um Pawl. Beim Entladen von Baumaterial drückte ein Netz voller Zementsäcke seinen Brustkorb so stark gegen die Schiffswand, dass die Anderen es knacksen hörten. Als Pawl auch noch Atembeschwerden bekam, wurden alle unruhig. Diagnose per Röntgengerät, einer der wenigen Apparate in der Sanitätsstation: starke Prellungen und leichte innere Verletzungen. Er brauchte kräftige Schmerzmittel. Inzwischen geht es ihm wieder etwas besser.

mare No. 17

No. 17Dezember 1999 / Januar 2000

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke
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